Antisemitismus hat viele GesichterPogromgedenken im Spiegel der Morde von Halle

Verfasst von Daniela Apel (Volksstimme) am 11.11.2019

Schülerinnen des Zerbster Francisceums gestalteten das Pogromgedenken am Standort der einstigen Synagoge mit. Foto: D. Apel

Schülerinnen des Zerbster Francisceums gestalteten das Pogromgedenken am Standort der einstigen Synagoge mit. Foto: D. Apel

Von Daniela Apel Zerbst
Eingeläutet mit einem Gottesdienst in der Trinitatiskirche wurde am gestrigen Sonntag an die gewaltsamen Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung von Zerbst am 10. November 1938 erinnert. Die vom Hitler-Regime geschürten Pogrome in ganz Deutschland machten auch vor der Rolandstadt nicht Halt, in der heute Stolpersteine an 40 individuelle Schicksale erinnern. Am Standort der einstigen Synagoge, wo das Erinnern an den Holocaust seine Fortsetzung fand, verlasen Schülerinnen des Francisceums die Namen der deportierten Frauen, Männer und Kinder, die den Völkermord nicht überlebten.

Mehr als 70 Bürger beteiligten sich an der von Polizei und Ordnungsamt abgesicherten Veranstaltung, die sichtlich unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse nur 70 Kilometer von Zerbst entfernt stand. Mit Blick auf den Doppelmord von Halle, der Unschuldige traf, weil dem Täter sein wahres Vorhaben misslang, mit Waffengewalt in die Synagoge der Händelstadt einzudringen und die dort feiernden Juden zu töten, verdeutlichte Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD), dass Antisemitismus und Rassismus viele Gesichter und Ursachen habe und in jedem Fall zu verurteilen sei.

“Es fängt ja offensichtlich mit Vorurteilen an, es geht weiter mit Schuldzuweisungen für die eigene Situation”, bezog er sich auf den Strafverteidiger des Hallenser Täters. Dieser gab an, dass sein Mandant andere für seine persönliche Misere verantwortlich mache. Auch die Judenverfolgung im Nazi- Deutschland habe mit dem Schüren von Vorurteilen und Verunglimpfungen angefangen, “die pseudojuristisch über die Rassengesetze abgesichert über die Wannsee-Konferenz direkt in die Verbrennungsöfen von Auschwitz führten”, betonte Dittmann.

Mit dem Niederlegen von Steinen nach jüdischer Sitte endete das Pogromgedenken, das die Anwesenden spürbar berührte und manchem die Tränen in die Augen stiegen ließ.



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