Schule trotz Ferien Warum Schüler des Zerbster Gymnasiums schon vor dem Klingelzeichen freiwillig vor Ort sind

Verfasst von Sebastian Rose am 20.08.2020

Rund 40 Schüler kommen pro Wochentag freiwillig in das Gymnasium Francisceum in Zerbst. Mit verschiedenen Projekten sollen so die neuen Fünftklässler die Schule schon einmal kennenlernen.

Rund 40 Schüler kommen pro Wochentag freiwillig in das Gymnasium Francisceum in Zerbst. Mit verschiedenen Projekten sollen so die neuen Fünftklässler die Schule schon einmal kennenlernen.

Zurzeit kommen jeden Tag rund 40 Schüler in das Zerbster Gymnasium Francisceum. Und das ganz freiwillig. Das diesjährige Sommercamp ist gut besucht – auch wegen der Corona-Pandemie.
Von Sebastian Rose Zerbst ● Schon in den verwinkelten Gängen des Zerbster Gymnasiums ist das fröhliche Kindergelächter zu hören. Die Schüler blicken kaum auf, als der neugierige Reporter mit Kamera und Notizblock den Klassenraum betritt. Eifrig basteln sie weiter an ihren sogenannten Endlosfaltkarten. Das sind Papierzettel, die mit verschiedenen Motiven bemalt und dann durch eine ausgefeilte Technik endlos gefaltet werden können. “Ich freue mich so mittel auf die Schule”, erklärt Malte Erxleben. Der Zehnjährige hat die Grundschule hinter sich gelassen und wechselt zum kommenden Schuljahr auf das Gymnasium. “Am liebsten würde ich zuhause zocken”, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht. “Aber das Sommercamp macht auf jeden Fall Spaß.” Sein Sitznachbar kann dies bestätigen. Auch Pascal Thielen “zockt” gerne, wie er sagt.
Damit ist das Spielen auf Konsolen oder dem Computer gemeint. “Ich habe mal gehört, dass es irgendwo sogar eine Zocker-Schule gibt. Da lernen sie, wie man der Beste wird.” Malte staunt. Das wäre der Wahnsinn! Zum diesjährigen Sommercamp kommen beide dennoch gern. Und sogar freiwillig.

Von Becherstapeln bis lateinische Vokabeln

“Das Sommercamp soll die neuen Fünfklässler schon mal an ihre neue Umgebung hier gewöhnen”, erklärt Susan Lanfer. Seit 2016 ist sie Lehrerin an dem Zerbster Gymnasium. Nach dem Studium ist sie wieder in ihre Heimatregion gezogen. “Wir teilen die Kinder jeden Tag in drei bis vier Kleingruppen ein. Jede hat dann ein bestimmtes Programm. Dies reicht von Becherstapeln, über lateinische Vokabeln und englische Sprachspiele bis hin zu dem Museumsbesuch”, so Susan Lanfer. “Am Nachmittag steht dann immer Sport und Spiel im Vordergrund.” Bei den verschiedenen Programmpunkten wird zudem individuell auf die Wünsche der neuen Fünftklässler eingegangen. Beispielsweise hätten sich viele der Jungs Fußball am Nachmittag gewünscht. Dies wurde dann auch umgesetzt.
Für zehn Euro pro Person pro Tag bekommen die Schüler ein Mittagessen, das von Grillwurst und Kartoffelsalat bis hin zu Hamburger mit Eis oder Kartoffelbrei mit Gurkensalat reicht, serviert. Bei den schwereren Aufgaben in den Kursen helfen zudem ältere Schüler aus den höheren Klassen. Diese erhalten eine kleine Aufwandsentschädigung dafür, dass auch sie sich in ihrer Freizeit für die neuen Schüler einsetzen und helfend zur Seite stehen. “Es gab einen riesengroßen Andrang für die Stellen der älteren Schüler. Sogar eine Warteliste musste eingerichtet werden. Falls jemand nicht konnte, war sofort der Nächste zur Stelle”, lobt Susan Lanfer die Einsatzbereitschaft ihrer Schüler. “Das passt auch ins Bild des Sommercamps. So viele Anmeldungen hatten wir selten. Im Vergleich zum letzten Jahr sind es mehr als doppelt so viele. Rund die Hälfte der neuen Fünftklässler hat das Angebot angenommen. Im letzten Jahr waren es nur rund 20 statt wie jetzt circa 40.” Grund dafür sei laut der Lehrerin auch die Corona-Pandemie. Nicht nur das Leben der Erwachsenen sei stark beeinträchtigt gewesen. Gerade für die Schulkinder sind die Kontaktbeschränkungen schwer gewesen, so Lanfer. “Viele haben ihre Freunde nicht mehr jeden Tag in der Schule getroffen. Ich schätze, dass dies der Hauptgrund dafür ist, dass es so viele Anmeldungen für das Sommercamp gab.” Aber nicht nur die Schüler kommen freiwillig in den Ferien zur Schule. Auch die Lehrer, die das Sommercamp betreuen. Auf die Frage, warum sie sich dies antut, antwortet Susan Lanfer mit einem Lächeln: “Aus Leidenschaft natürlich. Aber Spaß beiseite; es macht tatsächlich einfach Freude, in die fröhlichen Gesichter der Kinder zu blicken. Und so lernt man viele der neuen Fünftklässler schon einmal kennen.”

Heimatgeschichte zum Anfassen

Wenig später geht es weiter zu einer anderen Gruppe, die sich gerade im Museum der Stadt Zerbst aufhält. Dort wird den jungen Schülern erklärt, wie die Stadt im Mittelalter einmal ausgesehen hat. Zwar macht der Museumsmitarbeiter seine Sache gut, jedoch sind viele der Kinder eher fasziniert von der nachfolgenden Aufgabe: Sie sollen in Eigenregie das mittelalterliche Zerbst mit Türmen, Stadtmauer, Schloss, Rathaus und Bürgerhäusern auf einem kleinen Holzpodest nachbauen. Eifrig beteiligen sich alle bei dem Ratespiel. Neben dem Zocken kann lernen eben doch Spaß machen. Und das sogar in der Freizeit.



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